furthermore...     Interkulturelles Lernen
     
 
 1.1 Beobachtungen aus der beruflichen Praxis und die Notwendigkeit interkultureller Kompetenz
  Interkulturelles Lernen und interkulturelle Kompetenz haben im sozialpädagogischen Berufsfeld eine besondere Bedeutung. ErzieherInnen treffen in ihrem Arbeitsfeld zunehmend auf Menschen mit verschiedenen kulturellen Hintergründen. Kultur muss heute als eigenständige Kraft akzeptiert werden. Sie ist eine Voraussetzung für das Verstehen menschlichen Handelns und muss mitberücksichtig werden, um angemessen reagieren und handeln zu können (vgl. Wirz : 155). Interkulturelle Kompetenz meint die dauerhafte Fähigkeit, mit Angehörigen anderer Kulturen erfolgreich und kultursensibel interagieren zu können (vgl. Interkulturelles Lernen : 29). Der Begriff des interkulturellen Lernens bezieht sich demnach auf den (lebenslangen) Prozess, der unter anderem durch die Schule bzw. den Deutschunterricht angeregt werden kann. Damit angehende ErzieherInnen später in multikulturellen (Konflikt-) Situationen professionell handeln können, brauchen sie eine entsprechend geförderte interkulturelle Kompetenz . Die Arbeit mit Kindern in Kindertagesstätten zeigt, dass diese auch mit einer Vielzahl von Menschen, die einer anderen Kultur angehören, eine andere Sprache sprechen oder eine andere Religion haben, konfrontiert werden. ErzieherInnen müssen Kinder (und Jugendliche) auf solche Begegnungen vorbereiten. Schließlich können bereits Kinder eine Haltung entwickeln, die das Fremde ablehnt. So fordert auch der Bildungsplan des Landes Nordrhein-Westfalen für Kindertagesstätten, dass Kinder besondere Schlüsselqualifikationen erlernen, die interkulturelle Kompetenz bei ihnen unterstützt (vgl. Mühler / Schmidt / Stamer-Brandt : 14).
Interkulturelle Kompetenz setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Ihre Bestandteile sind unter anderem eine kommunikative Kompetenz, Empathiefähigkeit, Offenheit, Flexibilität, Ambiguitätstoleranz und Konfliktfähigkeit. Diese Komponenten sind Voraussetzung für die Entwicklung interkultureller Kompetenz. Anders als viele berufliche Fertigkeiten beruht diese Kompetenz auf mehreren Säulen. Es geht sowohl um kognitives Lernen - in der Regel bezogen auf Fakten und Inhalte - und als auch um emotional-affektives Lernen. Durch die Verknüpfung der beiden Lernbereiche können schließlich auch Einstellungen verändert und Fähigkeiten entwickelt werden, die als Grundlage für eine interkulturelle Handlungskompetenz dienen. Einstellungen werden in diesem Zusammenhang als ein (vorläufiges) Ergebnis begriffen, welches aus individuellen sozialen Erfahrungen herrührt und im einzigartigen Lebenslauf, von unmittelbaren Eindrücken in der Interaktion oder Kommunikation mit anderen zu einem bestimmten Handeln führt. Die Erfahrungen gründen immer auch auf emotionalen Eindrücken, die schließlich über eine entwickelte Einstellung unser Handeln ausmachen. Deshalb ist das Einbeziehen von emotional-affektiven Lernmöglichkeiten eine Voraussetzung für interkulturelle Kompetenz.
Interkulturelle Kompetenz als sozialpädagogische Berufsqualifikation schließt folgende Schlüsselqualifikationen mit ein: 1. Die ErzieherInnen benötigen die Qualifikation zur Förderung der eigenen Fähigkeit (und der Fähigkeit bei Kindern und Jugendlichen), multikulturelle Situationen mit ihren spezifischen Problemen, aber auch Chancen erfassen zu können. 2. Sie finden sich als Person in multikulturellen Kontexten zurecht. 3. Sie können sich auf interkulturelle Lernprozesse einlassen und interkulturelle Lernprozesse zwischen anderen Personen initiieren und begleiten (vgl. Johann / Michely / Springer : 12). Interkulturelle Lernprozesse zwischen anderen Personen anzustoßen, bedeutet, den Kindern und Jugendlichen ebenfalls die Fähigkeit zur Perspektivenvielfalt zu ermöglichen, kulturelle und fremdsprachliche Offenheit bei ihrer Klientel zu erzeugen, Sensibilität für Diskriminierung zu wecken und ein aktives Angehen dagegen zu unterstützen (vgl. Mühler / Schmidt / Stamer-Brandt : 14). Somit wird deutlich, dass die zu entwickelnde Kompetenz für ErzieherInnen eine spezielle Bedeutung aufgrund des Arbeitsumfeldes und der Funktion als Multiplikatoren hat